Nachdem das deutsche Qualitätsfernsehen mal wieder auf RTL seinesgleichen sucht, schauen wir zurück auf vergangene Tage im Dschungelcamp.
Für die nächsten zwei Wochen kann man auch in diesem Jahr wieder täglich um ca. 22.15 Uhr zusehen, wie die deutschen Vorzeigeprominenten um Einschaltquoten kämpfen und irgendwo dazwischen noch abstruse Dschungelprüfungen absolvieren.
Unter dem Decknamen „Ich bin ein Star — Holt mich hier raus!“ wurden Stars — oder viel mehr Sternchen — der deutschen Fernsehlandschaft in das Herz Australiens geflogen, um dort 16 Tage lang die Strapazen des Dschungels zu ertragen. Die australische Hitze forderte jedoch bereits ihr erstes Opfer: So musste Helmut Berger die Show bereits aus gesundheitlichen Gründen schon am zweiten Tag verlassen. Schade, hatten sich die Moderatoren Sonja Zietlow und Daniel Hartwich doch eben erst mit Witzen über Bergers Alkoholismus aufgewärmt!
An dem Konzept der Sendung hat sich seit der Erstausstrahlung im Jahr 2004 nicht viel geändert, ebenso wenig wie an den Dschungelprüfungen selbst. Und so müssen die selbsterklärten „Z‑Prominenten“ ertragen, wie sie all zu oft mit einer fein abgeschmeckten Mixtur aus Kakerlaken, Spinnen und sonstigen Insekten überschüttet werden; in irgendein dreckiges Loch mit Schlangen und Ratten gejagt werden und sollten sie denn die Dschungelprüfung tränenüberströmt abbrechen, dann dem Suff ihrer Camp-Kollegen ausgesetzt werden. Oh, deutsches Qualitätsfernsehen. Tatsächlich stammt die Idee aus dem guten, alten Vereinigten Königreich — damit können wir Deutsche uns das Erfinden vom Dschungelcamp also nicht auf die Flagge schreiben.
Daniel Hartwich ersetzt seit dieser Staffel den im letzten Jahr verstorbenen Dirk Bach — wobei „ersetzen“ vielleicht das falsche Wort ist: Selbst Olivia Jones schafft es nicht, Dirk Bach mit all seinem Witz und Auftreten zu ersetzen. Das Loch hingegen, das Dirk Bach mit seinen gewagten und häufig selbst für die Vielfalt des Dschungels viel zu bunten Tropenanzügen hinterlassen hat, kann Olivia Jones dann doch füllen — wenn auch mit Perücke und schlechtem Make-up.
Aber wer bekennt sich noch als Zuschauer vom Dschungelcamp? Und überhaupt, wer schaut denn noch Fernsehen? „Ne, wann schau ich denn schon mal was im Fernsehen!“ Auf die Gefahr hin, Spott zu ernten, bleiben die eingeschworenen Zuschauer des Prominenten-Zirkus dann doch lieber unerkannt — da nehme ich mich nicht aus. Alternativen im deutschen Fernsehen sind schließlich genug vorhanden, man darf wählen zwischen einem Dutzend verschiedener Talk- und Kochshows, die dann gerne auch noch zur gleichen Zeit laufen.
RTL erzielt Quoten auf Kosten der Campbewohner
Die Quoten von „Ich bin ein Star — Holt mich hier raus!“ sprechen Bände. Mit der Staffel-Premiere konnte RTL die Rekorde aller vorhergegangenen Ausstrahlungen brechen und kam auf einen beachtlichen Marktanteil von 27,7%. So hingen 7,77 Mio. Zuschauer vor den Bildschirmen und verfolgten das Debakel der deutschen Vorzeigeprominenten. Und wer nicht selbst einschaltete, der erfährt am nächsten Tag alles über die gewagten Aussagen der Campbewohner oder ekelerregende Dschungelprüfungen in der Presse. Im Endeffekt ist das Dschungelcamp auch nur ein Publicity-Hype – und das auf die Kosten der Bewohner.