In der Nacht vom 25. April 1986 auf den 26. April geschah das, was nie hätte passieren dürfen: Durch das Missachten einiger Betriebsvorschriften steigerte sich die Leistung im Reaktor 4 des Atomkraftwerks Tschernobyl (Ukraine) so stark, dass es eine Explosion gab.  Eine Explosion mit Folgen, unter denen wir auch heute noch leben.

 

Das Kernkraftwerk Чорно́бильська АЕС liegt etwa 30 Kilometer von der eigentlichen Stadt Tschernobyl entfernt. Jedoch liegt 3 Kilometer vom Atomkraftwerk entfernt die Stadt Prypjat  (43.000 Einwohner), in der die Arbeiter des Atomkraftwerks und deren Familien leben. Normalerweise hätte man diese Menschen noch in der Nacht evakuieren müssen, jedoch tat man dies nicht, und sagte ihnen am Tag des 26. Aprils nur, dass sie Fenster und Türen geschlossen halten sollten, was aber keinesfall half, denn radioaktive Strahlung strahlt durch fast alle Materialen, und auch durch die, die in Häusern verbaut werden. Zudem wollte sich keiner Fehler eingestehen. Zum anderen unterschäzte man die Situation vollkommen, denn die Regierung dachte, man könne den Reaktor im Herbst wieder in Betrieb nehmen. Die Bewohner der Stadt wurden der radioaktiven Strahlung mehr als 30 Stunden ausgesetzt, was letztendlich dazu führte, dass bei vielen eine schwere Erkrankung ausgelöst wurde, die erst nach mehreren Monaten oder gar Jahren ihr wahres Gesicht zeigt. In den 30 Stunden, in denen die Bewohner weiter ihr Leben lebten, wurde sie einer 10.000- fach höheren Strahlung ausgesetzt als normal.

Am Morgen des 27.Aprils wurde in der Nähe eines schwedischen Atomreaktors eine erhöhte radioaktive Strahlung gemessen, die jedoch nicht von diesem Atomkraftwerk kommen konnte. Durch Spionagesatelliten fand man dann schließlich die Ruine des Atomkraftwerks von Tschernobyl. Man informierte die Regierung, die Messung vornehmen ließ. Als man die hohe radioaktive Strahlung bemerkte, wurden die 43.000 Einwohner der Stadt Prypjat endlich evakuiert und innerhalb weniger Stunden umgesiedelt. Vor der Abreise hatten sie nur zwei Stunden zeit, um das Nötigste einzuräumen und sich für immer von ihrer Heimat zu verabschieden, denn obwohl man ihnen sagte, dass sie zurückkommen würden, kamen sie nicht zurück. Es gab natürlich auch einige, vor allem Ältere, die nicht an einen unsichtbaren Feind (Radioaktivität ist geruchlos, farblos und unsichtbar) glaubten, und in der Stadt blieben. Diese wenigen hatten aber keine Chance und starben innerhalb weniger Tage.

Nachdem auch durch Messungen am Unfallort klar wurde, welches Ausmaß diese Katastrophe annahm, musste man dringend eine Lösung finden, die die Ausbreitung der radioaktiven Strahlung minderte. Man versuchte das Feuer, das im Atomkraftwerk brannte, schnell mit Löschwasser zu löschen, jedoch funktionierte das nicht und die Feuerwehrleute starben aufgrund der hohen Strahlung recht schnell. Als Nächstes versuchte man das Feuer dadurch zu löschen, dass man Sandsäcke in den immer noch brennenden Reaktor warf, jedoch wurden die 600 Piloten ebenfalls durch die Strahlen krank und verstarben alle. Danach versuchte man es mit Beton, der aber nach kurzer Zeit zu reißen begann. Jetzt war endgültig klar, dass man das Problem aus der Luft nicht lösen konnte. Ergänzend sollte man noch sagen, dass in der Nähe des Reaktors eine klebrigen Flüssigkeit (Burba) abgeworfen wurde, welche den radioaktiven Staub auf dem Boden binden sollte. Außerdem trug man 300.000 m³ Erde rund um das Kraftwerk ab, um die Strahlenblastung zu mindern. Die kontaminierte Erde entsorgte man wiederum in riesigen Löchern in der Erde. Man musste also anders an das Problem herantreten, um es zu lösen. Übrigens nannte man die Frauen und Männer, die in Tschernobyl im Einsatz waren, Liquidatoren. Diese wurden viel länger der radioaktiven Strahlung ausgesetzt als die Bewohner von Prypjat, weshalb einige nach ihrem Einsatz verstarben. Viele gelten heute als behindert.

Als Nächstes versuchte man, das Problem unter dem Reaktor zu lösen. Dafür wurden Bergleute aus dem 1000 Kilometer entfernten Tula per Flugzeug nach Tschernobyl gebracht. Diese gruben in Rekordzeit einen mehr als 10 Meter tiefen Tunnel unter dem Reaktor, um so einen Raum auszuhöhlen, in dem ein Kühlsystem eingerichtet werden sollte. Im Reaktor befand sich radioaktives Magma.  Wäre dieses mit dem Löschwasser, welches sich unter dem Reaktor gesammelt hatte, in Berührung gekommen, wäre es zu einer solch riesigen Explosion gekommen, dass das mehr als 300 Kilometer entfernte Minsk durch die Druckwelle vollkommen zerstört worden wäre. Für diesen Fall standen hunderte Waggons am Minsker Bahnhof bereit, um die Bevölkerung zu evakurieren. Zum Glück wurden diese aber nicht benötigt, denn man konnte das Wasser abpumpen. Der Raum, der durch die Bergleute errichtet wurde, ist letztendlich nicht für ein Kühlsystem genuzt wurden, sondern er wurde zur Stabilisierung mit Beton ausgefüllt. Doch auch durch diese Maßnahme breitete sich die radioaktive Strahlung weiter aus, aus diesem Grund wurde ein Sarkopharg gebaut, der den kompletten Reaktor umschließt.

 

Tschernobyl Reaktor
Reaktor 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl Bild: Carl Montgomery (unter CC BY 2.0)

In der Zeit, in der man den Sarkopharg baute, musste man sich noch mit einem anderen Problem befassen. Die Brennstäbe waren mit Graphit ummantelt, welches nun ebenfalls stark radioaktiv war. Durch die Explosion flogen Teile auf  das Dach. Als man dies bemerkte, musste man diese Teile vom Dach schieben. Das war jedoch schwierig, weil Maschinen nach wenigen Tagen ausfielen und Menschen dort nur kurz arbeiten konnten, an manchen Tagen nur 45 Sekunden.

Nachdem es den Einsatzkräften endlich gelungen war, den Schrott vom Dach zu räumen, konnte man den Sarkopharg über den Reaktor anbringen. Dieser war luftdicht und sollte für 30 Jahre halten. Die 30 Jahre werden 2016 zu Ende sein. Jedoch fehlt der Ukraine das Geld, um einen neuen Sarkopharg zu bauen, der den Reaktor umschließt.

Aus diesem Grund wurde ein internationaler Fonds eingerichtet, der die Ukraine finanziell unterstützen soll. Heute kann man die Stadt Prypjat besichtigen, denn die Strahlenbelastung ist mittlerweile niedrig genug, um für zwei bis drei Stunden in der Stadt zu sein.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Atomkraft zwar erschwinglich, jedoch auch gefährlich ist, wenn die Vorschriften nicht beachtet werden. Seit dem Supergau in Fukushima sind in Deutschland viele Atomkraftwerke abgeschaltet und es wird nach und nach auf erneuerbare Energie zurückgegriffen, was meiner Meinung nach auch gut ist. Was mich persönlich nicht zufrieden stellt, ist, dass in unseren Nachbarländern nach wie vor die Atomkraftwerke laufen. Durch einen Unfall (zum Beispiel in Frankreich) wären auch wir betroffen.

Zudem bin ich nach wie vor skeptisch, ob man in Zeiten steigender Strompreise wirklich weiter auf erneuerbare Energien setzt oder ob der Druck seitens der Bürger und Politik nicht vielleicht doch irgendwann so groß werden wird, dass man die stillgelegten deutschen Atomkraftwerke wieder einschaltet. Hoffen wir das Beste!